Grenzenlos erleben - Grenzenlos erzählen
P A R T 4
TAG 27 Von Gunnarsö-Oskarhamn auf die Öland Insel / Süden
Am Morgen verlassen wir den First Campingplatz Gunnarsö/Oskarhamn und wir hatten echt Glück, nur noch wenige Tage und der Platz geht in die Winterpause. Auf dieser Tour wird uns immer klarer, zu spät kann man hier oben im Norden nicht unterwegs sein.
Wir haben an diesem Morgen erst einmal ein Ziel: Kalmar, die nette, sympathische Stadt bevor es auf die Öland Insel geht. Kalmar hat eine nette, kleine Innenstadt und ein besonders schönes Schloß. „Kalmar Slott“ ist eines der best erhaltenen Renaissance Schlösser in den nordischen Ländern. Als wir ins Innere treten, stellen wir fest, dass es zu diesem Zeitpunkt auch eine tolle Ausstellung im Schloß gibt. Der Künstler Erik Johansson ist ein echter Meister seines Genre und schafft Scheinwelten durch digitale Fotoverfremdung.
Nach dem Besuch dieser Fotoausstellung war der Gang durch das Schloß eine Zeitreise in eine andere Welt. Die Opulenz dieser Zeit wurde im Schloß besonders liebevoll durch diverse Exponate veranschaulicht und bei dem Gang vorbei an den Gewändern dachte ich nur : Gott sei dank kann man heute deutlich unbeschwerter „wandeln“. In dem Saal für Tafelfreuden wird aus dem Vollen geschöpft. Liebevoll und ein wenig magisch wirkt die sehr plastische Dargestellung.
Hinter dem Schloß erschließt sich auch sofort die Altstadt, ‚Gamle Kalmar‘ und liebevoll restaurierte Häuschen verschaffen diesem Viertel seinen ganz besonderen Charme.
Über die langgestreckte Ölandsbrücke überqueren wir den Kalmarsund und nach einem kurzen Stop in Färjestaden und sehr auffrischendem Herbstwind fahren wir in Richtung Süden der Insel.
Als wir beim ‚Långe Jan‘, dem Leuchtturm an der Südspitze ankommen, wollen wir natürlich ein paar Fotos am Leuchtfeuer machen und in Null Komma gar nichts werden wir von einem heftigen Schauer überrascht und sind ‚pitsche-patsche‘ nass, als wir nach einem kurzen Sprint den Van wieder erreichen. Da hilft nur eines: Einmal komplett umziehen. In diesem Augenblick sind wir noch einmal unglaublich dankbar für das bisherige Wetter auf dieser Tour, das so wahnsinnig gut war und somit diese Tour in einem ganz besonders schönen Licht erscheinen ließ. A propos Licht, so schnell wie der Regen kam, so schnell war er auch wieder verflogen und wir fuhren entlang der Südostküste Ölands bis nach Stenåsa. Gerade dieser untere Teil der Insel ist besonders schön und immer wieder kommt man an Gehöften vorbei, die absolut sehenswert sind und hier ist der besonders von Landwirtschaft geprägte Teil der Insel. Wir haben Glück kurz vor dem Erntedankfest auf der Insel zu sein, denn so ist die Insel einerseits noch nicht in die Winterpause gegangen und andererseits sind wir noch vor der Welle der Feste feiernden Schweden unterwegs, die längst schon ihre Reservierungen der Campingplätze vorab gemacht haben.
An diesem Abend landen wir auf einem tollen Campingplatz (Stenåsa Stugor & Camping) direkt an der Küste und schnell ist uns klar: Das ist ein Hotspot für Ornithologen. Lauter Männer mit überdimensionalen Teleobjektiven sind hier am Start.

Tag 27
TAG 28 Öland Insel – der Norden
Mit einer Länge von 137 KM und einer maximalen Breite von 16 KM braucht man schon ein wenig Zeit für Öland, um wirklich einen kompletten Überblick zu bekommen. Am 2. Tag fahren wir vorbei an diversen, alten Windmühlen, die sehr charakteristisch für die Insel sind. Immer auf der Suche nach dem Andersartigen fahren wir Richtung Norden. Irgendwie versprechen wir uns von Böda Strand einen tollen Platz, aber dieser lange, weiße Strandabschnitt wird von einem riesigen Campingplatz beherrscht, der einer Kirmes gleicht und für Massen ausgelegt ist. Zum Zeitpunkt unseres Besuches ist, ist er allerdings geschlossen und die Saison hatte hier bereits ein Ende gefunden. So fahren wir weiter zum ‚Långe Erik‚, dem Leuchtturm an der Nordspitze von Öland. Irgendwie will uns das Ölandfieber hier aber auch noch nicht so recht packen und wir beschließen weiterzufahren. Auch wenn es an diesem Tag jede Menge Kilometer sind, so fahren wir bis nach Borgholm. Borgholm gehört zu den größten Städtchen auf Öland und hier ist noch vieles sehr lebendig in dem Zentrum zu dieser Jahreszeit. Sollsiden, der Sommersitz der schwedischen Königsfamilie, ist gleich vor den Toren der Stadt und so gibt sich Borgholm hier etwas mondäner, zumindest was Läden und Restaurants angeht. Den Abend verbringen wir auf dem Campingplatz Klinta, etwas nördlich von Borgholm. Ein netter Platz mit einer sehr guten Infrastruktur und einem sehr schönen Strand, auf dem in der Saison sicherlich schön was los ist. Was uns auf allen Plätzen in Schweden auffällt ist ein sehr sorgsamer Umgang mit den Hygieneregeln im Hinblick auf Corona. Besonders das Thema Abstand wird in Schweden sehr ernst genommen und wir fühlen uns hier entgegen aller Berichterstattungen in Deutschland zum Thema schwedischer Weg in Sachen Corona sehr sicher und gut aufgehoben.

Tag 28
TAG 29 Von Öland nach Ystad zu Wallander
Nachdem wir an diesem Morgen kurz bei Sollsiden und der benachbarten Burgruine vorbeigeschaut haben, wollen wir wieder auf’s Festland. Unser persönliches Fazit zum Thema Öland: ganz nett und beschaulich, aber nach all dem vorher Erlebten schafft es diese Insel einfach nicht uns restlos zu begeistern. Und so fahren wir weiter nach Ystad. Wir schauen in Karlskrona vorbei und werfen einen Blick in den Hafen mit seinem Marinemuseum. Dann geht’s weiter entlang der Küste bis nach Åhus. Dieses nette, kleine und sehr hübsche Örtchen hätte es verdient einen Abend dort zu verbringen, aber es zog uns weiter nach Ystad. Wir waren der Ansicht hier noch ein lebendigeres Schweden erwarten zu dürfen. Ystad ist durch die Wallander Krimis zu einem gewissen Ruhm gekommen. Wir finden hier gleich beim Hafen einen guten Stellplatz und erkunden die kleine Stadt. Ja, die Stadt ist eine tolle Kulisse für Krimis und neben diversen Dingen, die man hier entdecken kann, bietet sie auch eine besonders gute Fährverbindung nach Sassnitz Mecklenburg Vorpommern. Das erklärte, warum wir an diesem Abend wieder besonders viel deutsch hörten.

Tag 29
TAG 30 Von Ystad über Trelleborg nach Malmö vorbei an Kopenhagen nach Rødvik auf Sjælland in Dänemark
An dem letzten Sonntag Morgen dieser Tour fuhren wir morgens weiter nach Trelleborg. Uns zog es beide noch einmal in die Stadt, denn wir hatten beide unabhängig voneinander diese mulmige Kindheitserinnerung. Damals konnte man von der ‚Peter Pan‘ im Hafen von Trelleborg, Schiffe aus der DDR sehen und hier erleben, wie es den Menschen der DDR untersagt war, an Deck zu kommen. Diese historisch gewachsene Linie zwischen Sassnitz/Rügen und Trelleborg/Schweden wurde auch zu Zeiten des ‚Eisernen Vorhangs‘ aufrecht erhalten und man hatte damals Angst, dass Passagiere diese Möglichkeit nutzen würden, um den Sprung ins schwedische Gewässer und damit in die Freiheit zu wagen.
Wir nahmen an diesem Morgen noch einen Kaffee in der Stadt, warfen einen Blick auf eine nette Statue mit Regen unter dem Regenschirm und dann ging’s weiter nach Malmö.
Auf unserer Tour in 2012 nach Norwegen waren wir hier das erste Mal am ‚Turning Torso‘ und wollten unbedingt einen Blick auf die architektonische Ikone von Santiago Calatrava werfen. Damals stand dieses Hochhaus auf einem Brachland und für uns hatte sich das große Ganze noch nicht erschlossen. Nur neun Jahre später hatte sich ein ganz modernes Viertel entwickelt und wir kamen aus dem Stauen nicht mehr heraus. Ich mußte mich dieses Mal dem Gebäude auf unterschiedliche Weise nähern: Mit dem Weitwinkel aus nächster Nähe – das hat was! Aber eine andere Perspektive vom ‚Ribersborgs Kallbadhus‘ erschließt sich die Anlehnung Calatrava’s erst so richtig. Und selbst noch ein Stückchen weiter an der Øresundbrücke ist die Ikone immer noch zu sehen. Hier fühlt man sich zwischen beiden beeindruckenden Bauwerken ein wenig hin und her gerissen.
Da wir schon diverse Male vorher in Dänemark’s Hauptstadt waren, lassen wir die Stadt dieses Mal links liegen und fahren in die Køge Bucht immer entlang des Kystveien (Küstenweg). Hier erschließt es sich sofort: Die Dänen können Design und toben sich dabei dezent, aber sehr innovativ und kreativ aus. Für den letzten Abend auf dieser Tour haben wir eine zauberhafte Marina gefunden. Rødvik heißt das kleine Örtchen und in unmittelbarer Umgebung gibt es ein tolles Kalksteinkliff, das ‚Stevns Klint‘. Diese Marina zieht mich noch ein letztes Mal auf dieser Tour in einen Fotorausch und nun bin ich bereit – es darf wieder nach Hause gehen.

Tag 30
Das grand Finale – von Rødvik über die Storebæltsbroen zur Insel Fyn und von Faaborg nach Als, Sønderborg und endlich nach Hause – Flensburg im echten Norden von Deutschland, im schönen Schleswig Holstein
Am letzten Tag spielt das Wetter für uns noch einmal die Drama Nummer. Als wir die 18 KM lange Storebæltbrücke überqueren, schieben sich dramatische Regenwolken ins Bild. Noch ein kleiner Abstecher nach Faaborg bevor wir zum Fähranleger nach Bøjden fahren. Unsere letzte Fährüberfahrt haben wir uns bewußt so gewählt. Eine nette Überfahrt von der Insel Fyn nach Fynshav auf der Insel Als und dann geht’s an Sonderborg vorbei auf der Panoramastrecke entlang der Flensburger Förde und über die Grenze zu uns nach Hause, nach Flensburg.
30 Tage später, 6.500 Kilometer durch Skandinavien und beseelt sowie bereichert von unzählig schönen Erlebnissen und auch mit der Erkenntnis: Zuhause ist es auch schön, besonders weil wir ja schon fast in Skandinavien leben.

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Das Lesen Deines Berichtes und das Anschauen der Filme versetzt mich immer wieder in eine „andere Welt“. Einmal mehr ein großes DANKE für diese so besonderen Eindrücke.
Mit lieben Grüßen