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Die lange Reise auf dem Amazonas

Teil 1: Von Bélem nach Manaus

Manche Orte haben ihren Reiz schon beim einfachen Klang des Namens und so klang für mich nach dem Lesen on „100 Jahre Einsamkeit“ von Garcia Marquez immer das Opernhaus in Manaus besonders reizvoll und mir war klar, eines Tages würde ich es sehen.

Viele Jahre später bei der Umrundung von Südamerika bekam ich die Chance, einmal von Bélem an der Nordostküste Brasiliens die über 4.000 KM den Amazonas entlang zu fahren bis weit, weit in die letzten, schmalen und verschlungenen Verzweigungen des Amazonas nach Iquitos, Peru.

Bélem ist eine pulsierende brasilianische Stadt mit einem guten morbiden Charme. Das Hafenterminal ist zum modernen Hotspot geworden und Restaurants, Cafes, kleine Geschäfte, die brasilianisches Kunsthandwerk anbieten. Die Stadt Bélem liegt an der Baía  de Guajará, der Mündung des Rio Guamá  in den Rio Pará und die Bucht von Marajó. Ganz in der Nähe des Hafenterminals ist der Ver-o-peso, eine schöne alte Markthalle und hier lohnt sich der Besuch morgens früh. Ein Besuch im Mangal das Garças lohnt sich alle Male. Dieser riesige Park, der nicht nur sehr schön angelegt ist und hat eine unglaubliche Vielfalt von Vögel zu bieten, denen man wirklich sehr nahe kommen kann und ein tolles Schmetterlingshaus mit einigen freifliegenden Arten. Auch das Teatro da Paz ist ein Besuch wert. Mit etwas Glück erlebt man sogar eine Probe …

Belem und die Einfahrt in die Breveskanäle

Aber so lange soll es ja nun gar nicht um Bélem gehen, wenn man endlich in den Amazonas möchte. Die Reise beginnt durch die Breveskanäle vorbei an vielen holzverarbeitenden Betrieben und die Geschäftigkeit ist überall an den Ufern zu beobachten. Kleine Boote begleiten uns immer wieder, suchen Halt an unserem Schiff, um ein wenig mitzugleiten. Es geht vorbei an einer tropischen Ufervegetation mit Acai- und Buritipalmen, Stelzenhütten von denen uns fröhlich lachende Menschen zuwinken auch wenn die Armut sehr offensichtlich ist. Demut steigt in mir hoch, wenn ich über den Luxus des Schiffes nachdenke, auf dem ich mich reise.

Soweit das Auge reicht: hellbraunes Amazonaswasser, das von seiner Sedimentfracht herrührt,  und grüne Ufer, die ich versuche, nach Tieren abzusuchen. Allerdings hat sich die Natur so einiges einfallen lassen, dass die Tarnung so schnell nicht aufgegeben wird. Trotzdem sind immer wieder diverse Aras, Tukane, Sittiche, Hoatzine, Habichte, Bussarde, Geier, Tyrannen und Reiher alle unterschiedlichster Arten zu sichten. Aber auch Brüllaffen, Totenkopfäffchen, Faultiere, Leguane und Amazonasdelfinen gehören zu den eher seltenen Tiere, denen ich auf meiner Fahrt begegnen darf. Ein wenig glücklich bin ich darüber, dass mir die Begegnung mit einer Anaconda nicht zustande kam und auch die Piranhas sind mir bei einem Schwimmausflug in einem Seitenarm des Amazonas erspart geblieben.

Nach den Breveskanälen durch die wir einen ganzen Tag fahren, kommen wir an Guajará vorbei, einem netten kleinen Örtchen mit Wasserfarmen jeder Menge Wasserbüffel und dem ganz normalen Leben entlang der Ufer. Von hier geht es weiter nach Alter do Chao, ein nettes Ferienörtchen mit das einlädt zum Chillen und baden im smaragdgrünen Wasser des Rio Tapajos.  Die Menschen hier sind unendlich entspannt und es kommt mir alles einfach nur sehr friedlich vor, ganz anders als ich Brasilien kannte von seinen großen Metropolen Rio, São Paulo, Bélem & Co.

Von hieraus geht es zum nächsten Stop nach Paríntin, die Stadt oder besser das Städtchen, das bekannt ist für seine farbenfrohen „Bumba-meu-Boi“ Shows. Diese Shows sind eine Antwort auf den Karneval von Rio, den vor grauen Zeiten ein Bischof  in dieser Stadt verboten hatte, um dem Sündenfall vorzubeugen. So ließ sich dieses Örtchen eine Sage einfallen, um den Karneval weiterleben zu lassen. Dabei geht es um einen dramatischen Tanzzyklus mit brasilianischer Musik, in dem ein Ochse (Boi) die Hauptrolle spielt. Das Spezielle an diesem Städtchen ist die Tatsache, dass es hier 2 rivalisierende Tanzgruppen gibt – die „Blauen“ und die „Roten“ – die die ganze Stadt farblich in blau und rot gespalten haben. Selbst Coca Cola musste im blauen Stadtteil seine rote/weiße Farbgebung in blau/weiß wandeln.

Bumba-meu-Boi Show in Paríntin

Voll mit brasilianischen Rhythmen im Kopf und voller Leben geht die Reise weiter stromaufwärts. Der nächste Stop ist Canacari wo ich die riesigen Victoria amazonica zu sehen bekomme. Wahnsinn, diese riesigen Blätter der Amazonas Riesenseerose, die auf der Unterseite regelrechte Stachel hat, um Pflanzenfresser abzuwehren und Blüten trägt, die sich in der ersten Nacht, in der sie sich öffnen, weiß zeigen und schon in ihrer zweiten Nacht eine rosarote Färbung annehmen. Die Blätter können einen Durchmesser bis zu 3 Meter haben.

Der nächste Stop ist Manaus, endlich werde ich das Opernhaus sehen und der ganze Reichtum der morbiden und sehr charmanten Stadt rührt aus den Zeiten des Kautschukbooms. Besonders um das Teatro Amazonas sind so viele schöne alte Gebäude zu sehen und an dem Platz bei diesem Teatro ist sowohl tagsüber wie auch nachts immer was los. Auf keinen Fall sollte man die Galeria Amanzonica an diesem Platz verpassen, wo man wunderschönes Kunsthandwerk aus der Amazonasregion kaufen oder einfach nu anschauen kann. Natürlich ist auch ein Besuch des Teatro Amazonas ein unglaublich schönes Erlebnis: nicht nur das barocke Interieur ist himmlisch. Es sind besonders die Brasilianer, die die besondere Stimmung durch ihre Lebenslust ausmachen. ich hatte die einmalige Chance eine brasilianische Legende, Zezinho Correa, sehen zu dürfen, der seit Jahrzehnten weibliche Herzen höher schlagen lässt und es sich während seiner Show im Teatro Amazonas auch nicht nehmen lies durch das Parkett zu gehen und rote Rosen an seine Fans zu verteilen. Ich gestehe, ich war gerührt.

 

Ganz in der Nähe von Manaus fließen der Rio Negro und der Rio Solimões zusammen, das sogenannte Encontro das Aguas (Treffen der Wasser). Das beeindruckende daran ist, dass sich die beiden Ströme nur ganz allmählich vermischen und man dies wunderbar vom Fluß aus sehen kann. Und gar nicht weit von Manaus entfernt habe ich das Vergnügen gehabt mit den Amazonas Delfinen schwimmen zu dürfen. So etwas Verspieltes und unglaublich Zartes habe ich noch nie in meinem Leben anfassen dürfen. Ein echtes Erlebnis auch wenn ich weiss, dass Amazonas Delfine auf ihrem Speisezettel Piranhas haben, so schmelze ich dahin …

Die Fahrt wird nun ruhiger und für viele Kreuzfahrtschiffe nicht mehr machbar. Von Manaus über Badajos, Cuixi Muni, Rio Jutai, Leticia (Kolumbien), Pevas und Iquitos (Peru) – nun wird es urtümlicher oder besser gesagt, das was ich erwartet habe…

Der Amazonas

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