Übermüdet stieg ich am frühen Nachmittag in den Flieger nach Bangalore und wollte einfach nur ein wenig schlafen. Mit einem schönen Fensterplatz dachte ich den sicherlich überfüllten Flug problemlos zu überstehen. Dinge kommen aber meisten anders als man denkt. Nachdem ein junger, netter Mann den Gangplatz belegte, glaubte ich schon fast an mein Glück, dass der Mittelplatz freibleiben würde. Doch weit gefehlt. Eine junge, belaibtere Inderin bahnte sich den Weg durch den schmall Flugzeuggang Richtung Reihe 33 und schwups saß sie zwischen uns beiden. Ein unglaubliche Wolke der Transpirationsausdünstungen nicht allerbester Art stülpte sich über mich. OMG, und das bei einer olfaktorisch, sensiblen Person. Nur gut, das vier Stunden Flug keine Ewigkeit sind.
Kaum in Bangalore gelandet, konnte ich mein Glück kaum fassen: schnelles Handling bei dem Schalter für Passagiere mit e-Visa, das Gepäck war schneller auf dem Band, als ich es erreichen konnte und im Nu war ein ATM gefunden, um die ersten indischen Rupien für Taxi und Co. zu haben. Das Taxi war wie bestellt ganz in der Nähe des ATMs. Ich dachte, meinem Glück zur einem guten Start in mein diesjähriges Indienabenteuer, stünde nichts mehr im Weg. Doch da hatte ich mich wohl ein wenig zu früh gefreut.
Der Taxifahrer war freundlich und bestätigte mir, dass er das Hotel selbstverständlich kennen würde. So stieg ich ein und fragte nach dem Taxameter, das er bitte anstellen möge. Fehler! Und das passierte ausgerechnet mir. Nach einiger Diskussion einigten wir uns auf 800 INR (ca. 11,- Euro) für eine Strecke von eigentlich 12 KM. Meiner Müdigkeit war es geschuldet und ich wollte einen angenehmen Einstieg in mein neues Indienabenteuer.
Und nun begann das Abenteuer so richtig! Irfan, so hiess mein Fahrer, ein netter Mann, schien leider trotz Google Maps keinen Plan zu haben. Das erste Hotel, das er ansteuerte, hatte komischer Weise seinen Namen letzte Woche in einen neuen Namen geändert. Seiner Meinung nach war dies das ehemalige Hotel mit dem Namen meines gebuchten Adresse. Nun gut. Dann fuhren wir weiter und selbstbewusst sagte er mir , Google Maps würde ihm nun den richtigen Weg weisen. Hmmm. Mit einem meinerseits leicht lädierten Vertrauen in meinem Fahrer, beschloss ich, ihn in eine persönliche Unterhaltung zu verwickeln und befragte ihn nach seinem Leben. Mit zunehmender Entspannung seinerseits, verspannte ich ein wenig mehr, denn nun wurde der Weg – ganz in der Nähe des International Airports von Bangalore immer dörflicher, dunkler und die Gassen immer schmäler. Streundende Hunde an jeder Ecke und wenn ich Menschen auf den Gassen sah, waren es immer nur Männer. Nach ca. 50 Minuten hatten wir angeblich das richtige Hotel gefunden und so lud er mich samt Gepäck in einer von Feldern umgebenen Landschaft aus. Da ich mittlerweile seine Nummer in mein indisches Handy gespeichert hatte, das ich immer noch besitze, fühlte ich mich nun zumindest nicht ganz verlassen. Außerdem wollte Irfan mich am nächsten Morgen ja auch wieder zum Airport zurückbringen. So hatte ich also noch einen Joker in der Hand. Kaum hatten wir das Check-In im Hotel beginnen wollen, stellte ich fest, das war nicht mein gebuchtes Hotel. Ein kleine Laune der Wortspielerei hatte Google Maps und Irfan mit mir als Gepäck hierher gebracht. Ich rief Irfan an, er kam zurück und nun tippte ich die Adresse bei Google Maps ein und simsalabim waren wir knapp 5 Minuten später im richtigen Hotel.
Falls ich nun hoffe, alles würde gut, wurde ich eines Besseren belehrt. Eine Buchung konnte Dank nicht vorhandener Computer gar nicht erst gefunden werden. Der Hotelmanager war auch der englischen Sprache so gut wie gar nicht mächtig. Das Zimmer war alles andere als wie gebucht ruhig und der Zustand der Zimmer für normale westliche Standards jenseits von gut und böse, aber zumindest sauber und erstaunlicherweise Steckdosen an allen Ecken, eine echte Rarität für indische Verhältnisse. Die Dusche war eine echt indische Dusche: ein großer Eimer, den man mit Wasser füllt, ein kleiner Becher mit Henkel plus kaltem Wasser machen das Duscherlebnis zu einem Erlebnis besonderer Art. Streng nach dem Motto: Mach´s Dir doch selber.
Schnell sortierte ich mich in meinem immerhin großen Zimmer und bei dem kurzen Blick durch die verdeckten Fenster, war klar warum der Blick nach draußen nicht der Rede Wert war. Ein ausgetrockneter, nicht angelegter Garten, Bauschutt, eine Mauer und aufgeräumte Slumhütten in unmittelbarer Umgebung hinter der Mauer. Nun brauchte es nur noch Ohrpropfen und ich entschwand ins Reich der Träume.
Am anderen Morgen freute ich mich auf eine Dusche und glaubte irgendwie noch an warmes Wasser. Oh nein, ich sollte wieder einmal ein frisches und abkühlendes Erlebnis haben und kaum waren meine Haare shamponiert, ging das Licht aus und nun war klar, dass der Strom abgestellt wurde und mein Fön aller Wahrscheinlichkeit nach nicht am heutigen Tag zum Einsatz kam.
Das Frühstück wollte ich mir natürlich im zweiten Stock auf der bei meiner Ankunft angepriesenen Dachterrasse nicht entgehen lassen.
Was für ein Airport Frühstücksrestaurant! Ein echter Kulturschock nach meinem kurzen Stopover in Dubai. Rohbau, 2 Gäste im Frühstücksraum und das Personal gelangweilt in der Küche. Ich fragte einen der Gäste, wie man in den Genuss von Service käme und mit einer lapidaren Handbewegung Richtung Küche sagte er mir kurz und sachlich: „Call!“ „A-ha“, dachte ich mir und wagte den Blick in die Küche, wo das Personal saß und aß. Auf meine Frage „May I have a breakfast?“ wurde mir etwas Unverständliches entgegengeworfen und einige Minuten später kam ein Kaffee mit Milch und Zucker. Nun sagte mir der junge Kellner: „Madam, just little sugar“ und verschwand. Der Rest meines Frühstücks wurde schlicht ausgelassen bzw. vom Personal vertilgt, wie ich bei einem weiteren und letzten Blick in die Küche feststellte und so bestellte ich mir ein Taxi direkt vom Hotel diesmal für nur 300 INR, sagte Irfan ab und stellte mich dem äußerst spannenden Airport Personals von Air India. Nach einer etwas längeren Argumentation konnte ich sie zumindest davon überzeugen, von einer Aufzahlung für mein etwas schweres Gepäck abzusehen.
Und nun wartete ich auf meinen hoffungslos verspäteten Flug nach Mysore und war gespannt, was mich erwartet.
In der Schlange die sich eine halbe Stunde vor Abflug vor dem Gate langsam einfand, stand gleich hinter mir eine 3-Generationen-Familie. Omi, Mutter und eine ganz hübsche Tochter. Es ist unglaublich schön, wie kommunikativ Inder sind und besonders die Solidarität unter Frauen ist immer wieder bemerkenswert. Schnell war ein Gespräch angeknüpft und so erfuhr ich das die 13 jährige Tochter zum Dussera Festival in Mysore für eine klassische Tanzperformanz in den Palast von Mysore eingeladen war und die 83jährige Omi und ihre Mutter sie begleiteten. Die Freundschaft war geknüpft und prompt bekam ich nicht nur jede Menge Fotos von unglaublich schönen Tanzhaltungen der Tochter mit dem wunderschönen Namen Kanika zu sehen, sondern auch eine dringende Einladung zur Vorführung persönlich zu kommen.
Nach einigen Minuten des angenehmen Gesprächs kam jedoch der Hinweis, dass auch dieser Flug verspätet sei. Noch einmal nahm man Platz im Wartebereich vor dem Gate. Die Zeit verging und dann nahm ich eine aufgeregte Gruppe von Passagieren wahr, die sich direkt vor dem Schalter des Gates positioniert hatten.
Es kam wie es kommen musste: der Flug wurde wegen eines angeblichen Vogelschlages der reinkommenden Maschine gecancelt und der diensthabende Flight-Manager ließ ein wenig auf sich warten, bis er den Mut hatte, zu erscheinen. Die Stimmung erhitzte sich zunehmend, aber irgendwann war klar, dass die Fluggesellschaft mit dem wohlklingenden Namen Air India reagieren musste.
Nachdem nach einer schier endlos erscheinenden Zeit endlich Tickets zurückerstattet wurden, Koffer ausgeladen waren, hatten sich organisierte Passagiere längst selber organisiert und Gott sei Dank stieß ich auf einen Mexikaner mit stark amerikanischen Wurzeln für den Indien sein spirituelles Zuhause ist. Carlos oder um genau zu sein Juan Carlos reiste mit seinem Freund Bill zu einem Guru oder besser der weiblichen Form einer sogenannten Ama nach Mysore und ist gut vernetzt, dass er zwei Fahrer mit zwei Wagen zu ortsüblichen Konditionen mit verlässlichem Fahrer organisieren konnte. Dieser Gruppe schlossen sich noch drei Yogis an und eine davon war ich.
Dies war eine gute Entscheidung gewesen, wie sich nun herausstellte. In nicht einmal 4 Stunden erreichten wir mit einer kleinen Pause Mysore. In der Zwischenzeit hatte ich ein extrem angenehmes Gespräch mit Joseph, meinem Mitfahrer. Jospeh stammt aus der Slowakei und lebt zur Zeit in Irland. Stetig auf der Suche nach dem Sinn des Lebens brauchte er eine Auszeit und schien in seinem Leben schon so einiges ausgetestet zu haben. So waren die vier Stunden schnell fast wie im Flug vergangen und wir standen fast unerwartet vor dem Yoga Dhaama. Treffend bemerkte Joseph:“Da sind wir nun in unserem neuen Zuhause für die nächsten Wochen.“ Etwas mulmig war mir doch. Aber kaum hatte sich das Tor geöffnet, kamen wir an und fühlten uns sofort Zuhause. Ein schöner grüner Garten vor dem Haus, das schon außen einen sehr gepflegten Eindruck machte. Mit dem Eintreten in das Yoga Dhaama, hatte ich beinahe das Gefühl in einem schönen alten Tempel gelandet zu sein. Nur durch den Eingangsflur getrennt, eröffnete sich zur Linken und Rechten jeweils eine Art Empore geziert von schönen Tempelholzpfeilern aus Teakholz. Mitten in der Lobby stand eine mit Blumenblüten liebevoll arrangierte Messingschale und der Wachmann, der uns so spät noch in Empfang genommen hatte, begeleitet uns jeweils zu unseren Zimmern. Ein weiteres Mal wurde ich an diesem Tag heute angenehm überrascht. Das Zimmer strahlte in seiner Einfachheit eine angenehme Wärme aus und vom ersten Moment fühlte ich mich wohl. „Hier werden meine nächsten Wochen gut verlaufen,“ dachte ich so und machte mich schnell ans Auspacken bevor ich eine Dusche nahm und vor lauter Erschöpfung glücklich einschlief.
Am nächsten Morgen wachte ich bereits kurz vor dem Klingeln des Weckers auf. Völlig energetisch bereitete ich mich auf meine erste Yogastunde am Morgen vor.
In dem Yogatrainingsraum unter dem Dach hatten sich bereits die ersten Schüler eingefunden und fingen selbständig mit ihren Übungen an. Die Anwesenden waren alle auf einem sehr hohen Niveau und langsam wurde ich immer gespannt auf alles, was nun kommen mochte. Bibo, ein extrem erfahrener Yogalehrer, war extrem drahtig und er begegnete jedem mit einer authenischen Natürlichkeit und einem warmen Lächeln, dass man sich sehr gut aufgehoben fühlte. Sein Assistenz, Priyanka, eine hübsche, ebenfalls drahtige Yogalehrerin überzeugt schnell mit einer großen Gabe für Motivation und Freundlichkeit. Dazu merkte man ihr schnell an, dass sie Ihren Job aus tiefster Überzeugung macht.
Die Stunde verlief jedoch ganz anders als eigentlich erwartet. Es gibt keinen Lehrer, der als „Vorturner“ den Takt vorgibt, sondern eher durch präzise Erklärung und Überprüfung bei der Ausführung wird jeder einzelne Schüler da abgeholt, wo er sich genau in diesem Moment mit seinem Können befindet.
Schnell wurde mir klar, die erste Woche werde ich erst einmal adaptieren müssen.
Nach der ersten Stunde stand das Frühstück auf dem Programm. Fast musste ich ein wenig schmunzeln, als ich das Restaurant betrat. Ein großer, heller, langer Raum, in dem an der einen Seite ein Büffet mit vegetarischen Köstlichkeiten aufgebaut war, die man selbstverständlich aufgetragen bekam und entlang der Wände Strohmattenkissen, auf denen man in der komfortablen Sitzhaltung, dem Lotus oder Schneidersitz gemütlich sein Essen einnimmt. Es versteht sich von selbst, dass in solchen Häusern auf absolute Stille Wert gelegt wird.
Für 13.00 Uhr war am ersten Tag ein Briefing vorgesehen für alle Neuankömmlinge unabhängig, ob man dem sogenannten TTC (Teacher Training Course) folgen wird in dem nun folgenden Monat, oder ob man sich für das sogenannte Mysore Style Yoga eingeschrieben hat. Ich hatte mich vorab mich letzteres eingeschrieben und sollte in den nächsten Tagen lernen, dass dies die beste Idee gewesen war, die ich je hatte.
Für das Briefing erschien die energische, quirlige Managerin des Hauses samt ihrer vielleicht 12 jährigen Tochter, die genau verfolgte, was ihre Mutter tat. Nun folgte eine klare Ansage, was im Haus möglich ist und was absolut zu vermeiden ist. Nach der gesamten Ausführung, die sich auch noch einmal in Zusammenfassen in jedem Zimmer an der Tür wiederfand, gab es ein kurze Begehung des Hauses und es war wirklich an alles gedacht: Im Eingangsbereich Schuhschränke, in denen man seine Schuhe unterbringen kann. Im Hause ist man nur noch barfuß unterwegs, 2 Waschmaschinen für die Wäsche der Schüler zur freien Verfügung, Bügeleisen und Brett im allgemeinen Bereich, ein Meditationsraum, der auch für das sogenannte Chanting genutzt wird. Hier werden gemeinsam Mantras gesungen, um einerseits die Gemeinsamkeit zu fördern und um als Lehrer später Schüler mit Mantras abzuholen in die Yogastunde. In dem Yogasaal im obersten Stockwerk fand das offizielle Briefing durch die Yogalehrer statt. Zunächst stellten sich alle Teilnehmer vor und bis auf ganz wenige Ausnahmen waren fast nur Inder oder sollte ich hier besser sagen Inderinnen dabei. Der Anspruch war für alle sehr unterschiedlich und als es zu der Erklärung kam, welche Einschränkungen die Teilnehmer des TTC zu erwarten hatten, war der wahrscheinlich härteste Moment gekommen. Wir erfuhren, dass es auch ein „digital detoxing“ (die digitale Entwöhnung) geben würde, sprich die Handys werden den Teilnehmern des TTC abgenommen, weggeschlossen und nur für eine Stunde am Tag ausgegeben. Puh…. Schwer verdauliche Kost für einige Anwesende.
Eine ganz junge Teilnehmerin, die Tochter von Stephani wie sich später herausstellte, bekam beinahe einen Zusammenbruch und erklärte, dies ginge für sie gar nicht, da sie doch schliesslich nur mit ihrer APP Meditation betreiben könne. Das gab Diskussionsbedarf, den Bibo, der Seniorlehrer hervorragend entkräftete.
Nach der Übergabe der Taschen mit Unterlagen, einem Buch und ein paar Goodies (Stift und Yogamattentasche) wurde die Gruppe nach dem obligatorischen Gruppenfoto in die Pause entlassen.
Am Nachmittag sollte für mich die Stunde um 16.00 Uhr beginnen. Die Schüler sind gebeten 10 Minuten vorab einzutreffen. Ich nahm auf meiner Matte Platz und nach einem gemeinsamen Chanting und guten Wünschen wurde der Gruppe eine minimale Einführung gegeben und nun wurde mal wieder sehr individuell vorgegangen. Immer wieder kam einer der beiden Lehrer zu einem und gab einem Korrekturen für die Haltung mit auf dem Weg und anhand eines Charts mit allen Asanas, dass wir vorab bekommen hatte, ging man durch die diversen Asanas (Positionen). Ich sagte mir:“ Okay, das ist alles sehr anders, aber gib Dir selber Zeit, Dich langsam in die Materie hineinzufinden.“ Nicht einfach für alle Dich mich ein wenig kennen.
Nach dieser zweiten Stunde war ich zwar ein wenig verunsichert, aber die Stunde hatte mir so einiges abverlangt und ich war überglücklich beseelt und wusste instinktiv, den perfekten Platz gewählt zu haben.
Nach einem super leckeren Abendessen, natürlich nur vegetarisch, aber unglaublich lecker, nutzte ich noch ein wenig das Internet, welches nur in der Lobby zur Verfügung steht und fiel gegen 21:30 Uhr todmüde und sehr glücklich ins Bett.
Am nächsten Tag wachte ich ganz von alleine auf, machte mich fertig für meine morgendliche Yogastunde im Yoga Dhaama. In der ersten Reihe kamen nach und nach die Schüler an, die bereits am weitesten fortgeschritten sind. Ich selber fand mich in der zweiten Reihe wieder gleich neben einem Fenster und war froh, hier eine wenig frische Luft bei dem doch sehr schweißtreibenden Training zu haben. Doch diese Hoffung wurde schnell zu Nichte gemacht, als Priyanka eine kleine, energische Yogatraining mit einer so guten Seele das Fenster schloß und sagte: „Too airy for your training!“ Wenn sie nur wüßte …
In der dritten und letzten Reihe befanden sich die am wenigsten Erfahrenen.
Nun gut. Mein Vorbild auf der Matte vor mir ist für die nächsten Wochen eine extrem flexible Japanerin, die scheinbar den für sich besonders harten Weg geht, mit niemandem hier spricht außer dem Guru und ansonsten komplett in sich gekehrt ist. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine Person beim Yoga gesehen zu haben, die so ambitioniert, extrem flexibel ist und jeden Tag unglaublich hart an sich arbeitet.
Die Stunde verlief für mich nun sehr gut, auch wenn ich immer wieder an den Punkt komme, wo ich denke, dass ich das alles schon viel besser können müsse, aber wie heißt es schön im Yoga, Yoga ist dein Weg und es zählt nur das Jetzt und so wie es ist, ist es gut, solange man alles gibt, um sich zu verbessern. Bibo und Priyanka, die beiden Trainer, die im Moment für die nächsten Tage das Training übernommen haben bis der Guru selber wieder erscheint, geben ihr Bestes und ihre unglaubliche Geduld, erneuten Erklärungen und Korrekturen sind der reinste Motivationsfaktor.
Langsam bauen sich die Muskel auch immer mehr auf, von Stunde zu Stunde registriere ich die Anspannung in meinem Körper und den klarer werdenden Fokus, auch wenn dieser sich immer wieder gerne verselbstständigt. Doch in diesen Momenten kommt ganz unerwartet oder vielleicht auch erwartet einer der beiden Trainer vorbei und erwartet wieder das Quentchen mehr.
Das Ende der Stunde wird in der Regel mit dem sogenannten Shavasana beendet und das ist der Moment, in dem noch einmal mental alle Körperteile angesprochen werden und zum relaxen eingeladen werden. Tut das gut!
Zum Schluss winkelt man das linke Bein an, legt es auf die rechte Seite, nimmt ein paar ruhige Atemzüge in dieser Position bevor man sich wieder in die „komfortable position“ dem im Idealfall Lotussitz begibt, die Augen geschlossen hält und die Hände vor der Brust faltet, nun werden sie ein wenig aneinander gerieben und die dabei entstandene Wärme in den Händen über die Augenpartie gelegt. Diese Energie wird im Gesicht mit einer leichten Massage verteilt, bevor wir alle gemeinsam in das Abschluss Chanting (Singen der Mantras) einstimmen. Was für ein unglaublicher Energiepegel, der sich nun breit macht!
Heute ist ein besonderer Tag, den Kanika Bhat, das dreizehn jährige Mädchen, das ich in Bangalore mit Mutter und Oma getroffen habe, hat heute Abend ihren Auftritt am Mysore Palace.
Nach der Yogastunde am Nachmittag nehme ich schnell eine Dusche, greife meine Fototasche und zusammen mit einer lieben Kursteilnehmerin, Stephani aus Italien, organisiere ich mir eine Rikscha (dreirädriges, offenes Taxi) per UBER und schon sind wir auf dem Weg zum Mysore Palace. Dort angekommen, sehen wir eine riesige Menge Menschen, aber unglaublich froh gestimmt und voller Erwartung. Wir reihen uns ein und ich stelle schnell fest Stephani fühlt sich nicht sehr komfortabel. Sie greift nach meiner Hand, während ich meinen Weg durch die Massen mache. Nach wenigen Minuten werden wir von einem Police Officer überholte, der mantramässig wiederholt: „single lane only!“ (nur eine Person hinter der anderen). Wie soll so etwas in dieser Masse von Menschen funktionieren. Ich hänge mich an den Officer, dass ich beinahe seinen Atem spüren kann und Stephani greift immer fester nach meiner Hand. Kaum am Gate angekommen, stehen wir vor einem Metalldetektor der immer nur eine Person durchlässt. Doch hier quetschen sich alle Besucher durch, es piept wie irre und keinen stört es. Ich frage mich wo der Sinn dieses Gerätes ist, wenn sich jeder mit allen Metallgeräten dort durchschiebt. Erst hinter diesem Gate kommt der eigentliche Check und nun werden alle Taschen untersucht auf eventuelle Waffen oder sonstiges.
Kaum haben wir den Palastbereich betreten und ich habe gerade meine Kamera aus der Tasche genommen und eingeschaltet, da geht ein Raunen durch die Reihen. Der Palast wurde angeschaltet, sprich die unglaubliche Beleuchtung des Palastes während der Dussera Festivaltage wurde angeschaltet. Ich nehme Stephani nun zu den unterschiedlichen Punkten des Palastvorfeldes mit, mache diverse Fotos und dann bahnen wir zwei uns den Weg zur Bühne.
Hier werden wir Zeuge von zwei hochprofessionellen Bands für klassische indische Musik.Ich bin überrascht wie ko-operierend die Police Officer auch hier sind. Ich frage freundlich, ob ich mit meiner Kamera vor die Bühne darf und ohne irgendeine Zurückhaltung geben sie mir den Weg frei. Was für ein Erlebnis so nah ranzukommen! Irgendwann versuche ich Kanika’s Mutter zu erreichen. Nach einigen Versuchen bei der Lautstärke etwas zu verstehen, muss ich lernen, dass ich am falschen Palast bin und Kanika in dem Jagamohan Palace, ca. einen Kilometer entfernt auf der Bühne sein wird. Noch haben wir Zeit den Palast zu erreichen und so mache ich mich gemeinsam mit Stephani auf den Weg.
Wenige Minuten später erreichen wir den grün erleuchteten Palast und schnell haben wir Backstage die ganze Familie gefunden. Es ist immer wieder unglaublich wie man als Ausländer quasi einen Freifahrtschein bei solchen Ereignissen hat. Inder sind unglaublich stolz ihre ganze indische Kultur, ihr Essen und ihr Land. Zeigt man als Ausländer dafür Interesse kann man auf Händen getragen werden.
Was sich nun Backstage bot, war ein echter indischer Klassiker, wir wurden beide der ganzen Familie vorgestellt und herzlichst aufgenommen, dann sah ich Kanika zum ersten Mal in kompletter Ausstattung. Was für ein Anblick! Doch das was nun auf der Bühne folgte, ist kaum in Worte zu fassen. Kanika ist die Reinkarnation aller Gesichtsausdrücke, die man sich nur vorstellen kann. Dazu perfekt abgestimmte Handhaltungen und eine Körperanspannung, die bereits mit 13 Jahren extrem ausgebildet ist. Ich möchte gar nicht erst wissen, wie dieses junge Mädchen in 5 Jahren auf der Bühne sein wird.
Nach ca. einer Stunde war die Vorstellung beendet, wir verabschiedeten uns höflichst und fuhren zurück zum Yoga Dhaama.
Wieder ist ein völlig erfüllter Tag zuende gegangen und ich fühle mich wie im 7. Himmel.
Hier geht’s zu meinen ersten Eindrücken, die ich schnell mall mit dem Smartphone aufgenommen habe.
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wunderschöne Aufnahmen mit viel Liebe zum Detail!
Stundenlang bin ich auf dieser Seite abgetaucht und habe die tollen Berichte, Fotos und Inspirationen aufgesogen. Danach möchte man nur noch eines – los!
Bitte weiter so, liebe Barbara. Großartig!
Liebe Corinna,
ein schöneres FeedBack kann es wohl kaum geben! Motivation, eine solche Seite mit noch mehr Leben zu füllen, kommt durch meine Besucher, die mich wissen lassen, was sie auf meiner Seite entdecken und wie sie darüber denken einfach mal zu schreiben. Ein Satz kann einen riesigen Unterschied machen und bedeutet mir viel. Danke!
Liebe Barbara,
ich komme gerade zurück von einer faszinierenden Reise – dank Deines Berichtes und der Bilder. Dadurch kommen wieder die Erinnerungen an unsere Reise zurück, die ich nicht missen möchte.
Während ich Deinen Bericht lese höre ich Deine Stimme und erwische mich dabei Dir laut zu antworten … : “ ja genau “ und vor allem „weißt Du noch .. ?“
Für mich war Mysore damals ein großes Erlebnis – der Moment der Illumination am Palast – unvergessen. Die leckeren Zwiebeln in dem Restaurant auf der Dachterrasse ( ich glaube es waren mehr als zwei Portionen .. )
Es kommt dann so Vieles wieder.. die „indische Dusche“.. atemberaubende Busfahrten mit entsprechendem Hupkonzert… die Fahrt im Zug im „Damen-Abteil“ … das Hotel in den Nilgiri- Bergen und die beeindruckende Zugfahrt dort … die Kathakali – Aufführung …. und nicht zuletzt die Tage in Trivandrum mit der abendlichen „Tea-Time“ .. und .. und .. und. Gleichzeitig zu den Bildern kommen die Geräuschkulisse und viele Gerüche.
Dein Bericht und die Bilder fangen in beeindruckender Weise immer die besondere Atmosphäre jedes Augenblicks ein !
Ich danke Dir sehr mit der Hoffnung auf mehr ! Liebe Grüße Karola
Vielen Dank, liebe Karola, für den sehr emotionalen Kommentar. Ja, Stimmt, unvergessen!