Die lange Reise auf dem Amazonas
Teil 2: Von Manaus nach Iquitos
Die Reise von mehr als 4.000 KM auf dem Amazonas begann in Bélem, Brasilien, und brachte mich durch die Breveskanäle nach Guajará, weiter nach Alter do Chao, Paríntin, Canacari und bis nach Manaus. Bis hierher kommen noch relativ viele Schiffe, auch größere Schiffe und die Landschaft ist zum größten Teil immer wieder recht zivilisiert und urban.
Nach Manaus wird es jedoch immer ursprünglicher und der Regenwald zeigt immer mehr seine Dimensionen einer grünen Hölle. Hinter Manaus beginnt der Oberlauf des Amazonas und dank des relativ wendigen Schiffes mit dem geringen Tiefgang von weniger als 5 Meter dringt man in Gebiete vor, in denen man immer mehr auf indogene Völker stößt, die kaum Geld in Form von Münzen und Scheinen kennen und das Tauschgeschäft vorziehen. Auf diesem Weg entdeckt man immer mehr exotische Tiere. In der Nähe von Badajos sind Rohrspotter und Gelbkopfstärlinge in dem Süßgras des Ufers zu sehen und Kolibris schwirren um Misteln. Immer wieder entdeckt man rosa Flussdelfine und kaum hat man sie gesichtet sind sie auch schon wieder verschwunden. Ein echter Glücksfall wenn man sie im richtigen Moment vor die Linse bekommt.
Richtig spannend vermutete ich die Exkursion bei Nacht. Wir ankern in der Nähe von Cuixi Muni und fahren nachts mit Zodiacs in die kleinen Seitenarme des Flusses. Irgendwie erwartete ich tausende Augen von Kaimanen an der Wasseroberfläche, aber leider sind auch diese Tiere so unglaublich gut getarnt, dass man sie nur mir Hilfe von erfahrenen Rangers findet. Auch Schlangen, Faultiere und Brüllaffen sind kaum zu sehen. Unglaublichlich schön ist allerdings der Sternenhimmel, der bei so gut wie keiner Lichtverschmutzung alle Sterne zum Vorschein bringt, die man anderer Orts selten sieht. Dazu eine laue Nachttemperatur und der Gesang von Zikaden und Fröschen und anderen nachtaktiven Tieren, die das nächtliche Konzert zu einem Erlebnis werden lassen. Auf einer solchen Tour sollte man unbedingt daran denken, dass Mücken sich leider zu unangenehmen Reisebegleitern entpuppen. Richtig interessant werden Mitreisende, die manchmal zu Imker ähnlichen Outfits greifen und fast nicht mehr in diesem Outfit zu identifizieren sind.
2600 Kilometer haben wir nun schon auf dem Amazonas hinter uns gelassen, als wir die kleine Siedlung Uará erreichen. Wir sind eine willkommene Abwechslung und sofort wird die Gitarre ausgepackt und wir werden musikalisch eingestimmt auf brasilianische Klänge, Kinder stellen ihre Haustiere zur Schau und lokaler Führer freut sich uns den Urwald näher bringen zu können. Wahnsinnig beeindruckend sind die Paranussbäume, die sehr hoch wachsen und ihre Früchte in kanonengrosse Kugeln wachsen lassen. Man braucht schon eine Machete, um die bis zu 25 hartschaligen Nüsse herausholen zu können.
In Tomanicoa fahre ich mit einem Zodiac in ein zauberhaftes Ökosystem, in dem ich Aras, Tukane, Kolibris, Fischbussarde und Spechte sowie diverse Orchideenarten entdecke. Auch die violett blühende Cattleya labiata, die Nationalblume Brasiliens zeigt sich.
Im Rio Jutai kann ich bei einer Zodiactour durch den Überschwemmungswald gar nicht glauben, was ich sehe bzw. was eine gut gemeinte Regierungsentscheidung für Auswirkungen haben kann. Im Rahmen des Regierungsprogramms Luz para Todos (=Licht für alle) wurden mit erheblichem Aufwand Stromleitungen in dieses Überschwemmungsgebiet verlegt. Ob diese bei Hochwasser beständig Strom dahin bringen werden, wo er gebraucht wird, das ist eine Frage, die zu beantworten bleibt. Nun gut, der Wille zu helfen ist auf jeden Fall erkennbar.
Auf jeden Fall ist diese Region, in der 14.000 Menschen leben ein wenig belebter und so begegnen uns auf den Wasserwegen diverse Menschen, die mit ihren schmalen Booten einheimische Waren transportieren.
Der letzte Stop auf dem Amazonas in Brasilien ist in dem kleinen Grenzstädtchen Tabatinga, das immerhin 50.000 Einwohner hat und in der unmittelbare Nachbarschaft von Leticia in Kolumbien liegt. 3.405 Kilometer bin ich nun schon auf dem Amazonas unterwegs und habe nun wieder spanisch sprachiges Territorium erreicht. 38.000 Einwohner zählt die Hauptstadt des kolumbianischen Departamentos Amazonas. Früher einmal profitierte Leticia von dem Kautschukboom. Dies sind jedoch längst vergangene Zeiten. Heute lebt die Stadt vom Fischfang, Holzhandel und Tourismus. Man sollte jedoch als Tourist nicht zuviel erwarten. Nichts desto trotz gibt es hier ein ganz beständiges Treiben und sollte man auf dem Amazonas keine Amazonas Seerose zu Gesicht bekommen haben, so wird man hier entschädigt, wenn man in den Stadtpark geht.
Mein nächster Stop ist ganz in der Nähe des kleinen Städtchen Liberdad ca. 20 KM westlich von Leticia. Ein kleines Dörfchen der Yagua Indianer gewährt Einblick in das Dorfleben. Natürlich wird dieses Dorf dafür „entlohnt“ und gezeigt werden uns fast wie in einer Show die Haustiere der Kinder, Faultiere, Aras, etc. Tänze werden aufgeführt und einheimisches Kunsthandwerk wird angeboten. Es mutet alles wie ein Zoo an und mir ist es schon mehr als peinlich zu fotografieren.
An den Ufern der Mündung des Rio Ampyacu liegt die Urwaldsiedlung Pevas. Hier habe ich noch einmal die Möglichkeit Ureinwohner des Amazonas sehen zu können, die Bora- und die Huitoto-Indianer. Beide Stämme zusammen kommen heute noch auf eine Population von ca. 400 Menschen und leider hat die Zivilisation längst ihre Spuren hinterlassen. Uns werden wieder einmal Tänze (klick für’s Video hier) vorgeführt und kunsthandwerkliche Arbeiten werden an den Mann/die Frau gebracht. Alles mutet ein wenig skurril an, wenn ich die spärlich bekleideten Menschen sehe und auf uns schaue, die mit Kameras bewaffnet die Einheimischen fast entwaffnet. Nun, aber so scheint Tourismus zu gehen, wenn man in immer entlegenere Ecken des Planeten mit Reisegruppen vordringt…
Richtig spannend wird es noch einmal als wir in Pevas den weltberühmten Künstler Francisco Grippa besuchen. Längst werden seine Werke in NY und sonst wo auf der Welt zu horrenden Preisen verkauft. Sein in traditioneller Weise gebautes Holzhaus über mehrere Ebenen ist unbedingt einen Besuch wert, denn man hat nicht nur einen schönen Ausblick über die Landschaft, sondern kann auch die Werke des Meisters bewundern und wird mit einem Erfrischungsgetränk empfangen.
In Iquitos, Peru geht die Reise nach fast 4.000 Kilometer zu Ende und mit dem Erreichen peruanischen Bodens habe ich fast den ganzen südamerikanischen Kontinent zu Schiff durchquert und ein wenig Fitzcarraldo Feeling überkommt mich, als ich mich durch die kleine, quirlige, peruanische Stadt am Amazonas begebe.
Tiefe Eindrücke in die Schatzkammer der Erde wurden mir gewährt und es ist schön wie die Geschwindigkeit auf dieser Reise in die Richtung stromaufwärts immer mehr rausgenommen wurde.

3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Many thanks for your appreciation and hopefully this was a good and intense German lesson for you 🙂
Super schöne Reise, ich wünschte ich komme auch noch so weit rum. LG Lena
Liebe Lena, das stimmt, das war eine sehr inspirierende Reise und ich bin froh den Amazonas noch vor Bolsonaro erlebt zu haben. Auch wenn ich Holz im Hausbau sehr liebe, so tut es schon ein wenig weh zu sehen, was dort im Regenwald passiert; besonders auf der Strecke von Belem nach Manaus wird das sehr deutlich. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du ganz bald zu deinen Traumdestinationen gelangen wirst. Lieben Gruss Barbara